Im Überblick: Die Burghöfe der Burg Burghausen

Wie eine Perlenkette reihen sich die sechs Höfe der Burg Burghausen extra lang aneinander – vom fünften Vorhof bis zur Hauptburg mit ihrem beeindruckenden, herrschaftlichen Innenhof. Jeder dieser Höfe erfüllte eine klare Aufgabe und war durch Tor, Graben oder Brücke gesichert. Noch heute vermittelt die gut erhaltene und klar strukturierte Burganlage einen lebendigen Eindruck vom mittelalterlichen Alltag und den Verteidigungsstrategien ihrer einstigen Bewohner.

Innerer Burghof - Hauptburg

Große Teile der Hauptburg wurden bereits in der zweiten Hälfte des 13.  Jahrhunderts unter Herzog Heinrich XIII. von Niederbayern errichtet. Der Ausbau der Burg zu ihrem jetzigen Zustand erfolgte im Wesentlichen in der Regierungszeit des niederbayerischen Herzogs Georg des Reichen (1479-1503). Unter dem Eindruck der Türkengefahr ließ er die Burganlage vor allem in militärischer Hinsicht ausbauen. Dies illustriert der Zugang in die Hauptburg anschaulich, galt es hier doch das Fürstenpaar und ihren engeren Hofstaat zu schützen. Heute kann man in der Hauptburg folgende Highlights besichtigen:

  • Interaktives Stadtmuseum, ausgezeichnet mit dem Bayerischen Museumspreis  (in der ehem. Kemenate)
  • Staatliches Burgmuseum mit bayerischen Exponaten und Aussichtsplattform am Dach der Hauptburg (in den ehemaligen herzoglichen Wohnräumen)
  • Dürnitz mit darunter liegendem „Zehrgaden“ (Vorratsraum), heute ist hier das Besucherinformationszentrum untergebracht
  • Schatzkammer
  • Innere Schlosskapelle (Elisabeth Kapelle)
  • Einstieg zum Rundgang im „Unteren Zwinger“

Der 1. Vorhof

Durch das mächtige Georgstor, dem ein tiefer Graben mit hölzerner Brücke vorgelagert ist, gelangt man in den 1. Vorhof. Das Georgstor steht an der schmalsten Stelle des Bergrückens. Es wurde 1494 von Herzog Georg dem Reichen errichtet. Das Allianzwappen erinnert an seine Ehe mit Hedwig von Polen. Ähnlich wie die Schütt am Beginn der Burganlage hatte das Georgstor eine Sicherungsfunktion. An dieser Stelle galt es den inneren Burgbereich mit der Hauptburg zu schützen. Herzog Georg erließ eigens für die beiden Wächter dieses Tores eine Wachtordnung. Ebenfalls wehrtechnischen Zwecken dienten die Mauern an der West- und der Ostseite, die beide durch Zwingeranlagen zusätzlich geschützt wurden.

  • Georgstor mit dem bayerischen und dem polnischen Wappen
  • Blick auf die Altstadt vor der Hauptburg
  • Burgcafe mit Pfistergarten

Der 2. Vorhof

Der 2. Vorhof wurde nach der Ausbauphase durch Herzog Georg dem Reichen Ende des 15. Jahrhunderts nur wenig verändert und ist somit noch relativ ursprünglich erhalten. Den Hof beherrscht das mächtige dreigeschossige Alte Zeughaus, dessen Nutzung als Getreidespeicher 1427 eine Inschrift im ersten Geschoß belegt. Im Erdgeschoß waren Geschütze und Waffen gelagert, für die der Büchsenmeister im nach Norden anschließenden Büchsenmeisterturm verantwortlich war. Den Übergang von seinem Wohnturm zur Wehrmauer markieren zwei Schwalbenschwanzzinnen, im Volksmund „Schwurfinger“ genannt.

Darunter befindet sich der Durchgang zur „schönen Aussicht“ auf den Wöhrsee. Als Geschütz- und Wachtürme dienten gegenüber auf der Stadtseite die drei runden „Pfefferbüchsen“. Aus späterer Zeit stammt der Mauerdurchbruch, der hier einen Durchlass zum Burgsteig in die Altstadt freigibt.

  • Pfefferbüchsen, die als Geschütz- und Wachtürme genutzt wurden
  • Das „Alte Zeughaus“ diente als Waffen- und Munitionsarsenal mit Getreidespeicher
  • Büchsenmeisterturm, im Volksmund auch als "Schwurfinger" bezeichnet
  • Zwei wunderbare Aussichtspunkte zur Altstadt und zum Wöhrsee

Der 3. Vorhof

Der 3. Vorhof war ursprünglich durch eine Mauer abgeschlossen und wurde durch ein Tor betreten. In dem Turm gleich neben dem Tor hatte der Amtmann seinen Amtssitz. Darin befanden sich Gefängnisräume und eine Fragstatt für das peinliche Verhör der Gefangenen, die der Amtmann zu bewachen hatte. Der nach dem 16. Jahrhundert errichtete Querbau wurde im 18. Jahrhundert als Zuchthaus genutzt. Highlights:

  • Folterturm mit Museum
  • Haberkasten (Stallungen und Futtervorräte)
  • Aventin-Haus - einstige Wohnstätte des bedeutenden Humanisten und Vaters der bayerischen Geschichtschreibung Johannes Turmair von Abensberg, genannt Aventinus.  

Der 4. Vorhof

Gleich beim Eingang in den 4. Vorhof befand sich mit dem Sitz des Hofkastenamtes die zentrale Einnahmestelle für die Abgaben der Untertanen im Rentamt Burghausen. Die Reichen Herzöge von Bayern-Landshut bezogen mit den Lebensmittellieferungen ihrer Bauern wie Getreide, Geflügel, Eier oder Schmalz mehr als die Hälfte ihrer Einkünfte. Für die Verwaltung der Naturalien waren der Kastner und der Kastengegenschreiber in ihren gegenüberliegenden Türmen zuständig. Beide Gebäude wurden stark verändert. Das Prunkstück des 4. Vorhofes ist die Hedwigskapelle, die Herzog Georg der Reiche für seine Gemahlin Hedwig bauen hat lassen. 

  • Hedwigskapelle
  • Gärtnerturm, der 1963 zum Aussichtsturm umgestaltet wurde.
  • zwei Aussichtspunkte mit Blicken auf den Wöhrsee und die Altstadt

Der 5. Vorhof

Der äußerste, über 200 Meter lange Vorhof beherbergte zu Zeiten der Reichen Herzöge von Niederbayern Arbeitsstätten und Wohnräume der Hofbeamten und Hofhandwerker, anschließend jene der Regierungsbeamten des Rentamts Burghausen. Burghausen hatte von 1507 bis 1802 neben München, Landshut und Straubing die zentrale Funktion einer bayerischen Regierungsstadt. Die heutigen Namen erinnern an diese Funktionen: Forstmeisterturm, Gerichtsschreiberturm, Rentmeisterei.

  • Liebenweinturm mit wechselnden Ausstellungen der Künstlergruppe „Die Burg“.
  • Brunnenhaus mit Uhrturm und Sonnenuhren
  • Rentmeisterei, in dem sich heute das Haus der Fotografie und die Touristinfo befindet.
  • Christophstor, früherer Eingang auf die Burg
  • Öttinger-Torturm (bis 1836 einziger Zugang von Norden), hier geht es den Hofberg hinunter in die Altstadt.

Baugeschichte der weltlängsten Burg

Die Burg ist Zeugin einer über tausendjährigen Geschichte und Mittelpunkt eines jeden Burghausen-Besuches: ein Fest für die Sinne.

2./1. Jh. v. Chr. - vermutlich keltische Abschnittsbefestigung

8./9. Jahrhundert - vermutlich befestigter Amtshof der agilolfingischen Herzöge zum Schutz der Salzschifffahrt

11./12. Jahrhundert - Sitz der Grafen von Burghausen (bis 1164); erster Ausbau zur Burg unter dem Aribonen Sighard X. (um 1090); Heinrich der Löwe im Besitz der Burg; weiterer Ausbau unter den Wittelsbachern (ab 1180)

13. Jahrhundert - völlig neue Anlage unter Herzog Heinrich XIII. von Niederbayern nach der ersten Teilung Bayerns (1255); zweite Residenz der Herzöge von Niederbayern neben Landshut; Grenzbollwerk gegen Salzburg und Passau; älteste erhaltene Bausubstanz (Hauptburg)

14. Jahrhundert - als Wehranlage in voller Ausdehnung

15. Jahrhundert - wichtigste Bauperioden unter den letzten niederbayerischen Herzögen (Heinrich der Reiche 1393-1450, Ludwig der Reiche 1450-1479, Georg der Reiche 1479-1503); Ausbau der Anlage bis zur jetzigen Gestalt unter dem Eindruck der Türkengefahr (1480/90); herzogliche Residenz; Burg mit in sich geschlossenem Gemeinwesen (Wehr- und Wohnburg)

16. Jahrhundert - Verlust des Residenzcharakters nach dem Landshuter Erbfolgekrieg (1503/05); Prinzenwohnung (Söhne Albrechts IV. des Weisen); Burg als Hauptwaffenplatz weiterhin von großer militärischer Bedeutung; kleinere Umbauten; beginnender Niedergang

17. Jahrhundert - Verstärkung der Befestigungen, insbesondere zum Schutz vor den anrückenden Schweden (1632)

18. Jahrhundert - Erweiterung der Außenwerke nach dem System des Festungsbaumeisters Marschall Sébastian de Vauban (1633-1707); Wirren der Erbfolgekriege in der ersten Hälfte des 18. Jh.; umfangreiche Umbauten (Burg seit 1763 Garnison); 1779 Frieden von Teschen: Burghausen wird durch den Verlust des jetzt österreichischen Innviertels Grenzstadt

19. Jahrhundert - Niederlegung aller Außenwerke durch französische Truppen unter General Ney (1800/01); Napoleon erklärt die Burg als Festungsanlage für veraltet (1809); Umbauten, Abrisse, Einebnungen, Privatisierung von Teilen der Burg; Auflassung der Garnison (1891); Beginn einer großzügigen Renovierung der Hauptburg (1896); Sanierungsmaßnahmen an der gesamten Burganlage seit 1960/70